Mittwoch, 15. September 2010

Alpencross 2010 - Zurück nach Hause

Warten auf den Bus
Eigentlich ist ja unsere Transalp in Riva del Garda zu Ende. Aber weil unsere Rückreise auch über mehrere Stationen führte und auch für den einen oder anderen Gleichgesinnten ein paar nützliche Informationen enthält, will ich auch den allerletzten Tag unserer Reise nicht unerwähnt lassen.

Die Planung der Rückreise sind wir offengestanden etwas naiv angegangen. Wir wissen, wir müssen nach Rovereto, der nächsten Stadt mit einem Bahnhof, und von da kommen wir schon mit dem Zug irgendwie nach Hause. Allerdings wissen wir weder, wo Rovereto liegt, noch haben wir uns vorher über Zugverbindungen informiert. Rovereto hatte ich nach all den Berichten im Netz in unmittelbarer Nähe von Riva erwartet. Die Stadt liegt aber 20 km von Riva entfernt. Schlimmer noch: Zwischen Riva und Rovereto liegen noch 650 Höhenmeter! Klar kann man das mit Rad fahren, machen viele andere ja auch. Aber unsere Transalp ist zu Ende, nochmal 2-3 Stunden die Berge rauf, dafür fehlt uns die mentale Kraft. Die Luft ist raus.

Wir sind dann mit dem Bus gefahren. Zwischen Riva und Trento verkehren Überlandbusse im Abstand von ungefähr einer Stunde mit Zwischenstation Rovereto, Bahnhof. Wir sind in Riva an der Haltestelle Hotel du Lac eingestiegen, konnten beim Bus-Schaffner(!) unsere Tickets lösen (2,60 €/Person, 1,--€/Rad). Radmitnahme ist gar kein Problem, die kommen in den Kofferraum vom Reisebus. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass das im Juli oder August wegen Überfüllung nicht ganz so gut funktioniert.

In Rovereto haben wir uns den erstbesten Zug genommen, der Richtung Heimat fährt. Es war jetzt halb sechs und so haben wir uns entschlossen, wir fahren noch bis Bozen und übernachten dort.

In den Regionalzügen von Trenitalia ist das Mitnehmen von Fahrrädern kein Problem (sofern Platz ist, was um die Zeit der Fall ist). Jedoch sollte man wissen, dass man seine Tickets vorher lösen sollte und dass sich das Fahrrad-Abteil am Anfang des Zuges befindet. Wir wussten beides nicht. Sind also ohne Tickets in den Zug gestiegen und haben unsere Räder, so gut es ging, im engen Eingangsbereich verstaut. Schaffner waren weit und breit nicht in Sicht.

Fahrräder da, wo sie hingehören
Bis kurz vor Bozen - als uns eine große kräftige Trenitalia-Beamte wortreich auf italienisch klargemacht hat, dass unsere Fahrräder dort nichts zu suchen haben. Angesichts des Wortschwalls können wir nur fragend und unschuldig kucken. In gebrochenem italienisch -"Bigletti!"- hab ich ihr noch angeboten Tickets, zu kaufen. Wir wissen nicht, was da hineininterpretiert hat, jedenfalls endete der Dialog nach "Wherrre you goin'?" - "Bolzano" - mit einer abwinkenden Handbewegung und so sind wir ziemlich günstig von Rovereto nach Bozen gekommen. :-)

In Bozen bekommen wir ein Zimmer im Hotel Adria (okay, aber verhältnismäßig teuer) und feiern am Abend in einem gemütlichen Irish Pub in der Bozener Innenstadt unseren ganz persönlichen Toursieg .

Warten auf den Zug

Am nächsten Morgen sind wir beizeiten am Bahnhof, um mit dem EC Mailand-München weiterzufahren. Allerdings war das etwas blauäugig. Ohne Buchung wird es schwierig. Der nette Angestellte in der Bahnhofsinformation hat sogar für uns im Zug angerufen, ob noch Platz wäre. War aber nicht und so hat er dringend davon abgeraten einzusteigen.

Wir haben dann die nächste Regionalbahn nach Brenner genommen. Tickets haben wir nach unserer gestrigen Erfahrung vorher gelöst (10 €/Person, 4 €/Rad) und unsere Räder schön vorn im Fahrrad-Abteil abgestellt. Dass wir die Tickets in unserer Unwissenheit vor der Fahrt nicht entwertet haben, hat uns der Schaffner zum Glück auch nicht krumm genommen.

Von Brenner aus sind wir der allgemeinen Empfehlung gefolgt und nach Innsbruck hinunter mit dem Rad gefahren. Einfach nur Rollen war's dann aber doch nicht. Uns blies ein ordentlicher Gegenwind ins Gesicht, so dass wir auf den flacheren Stückchen ein paar von den 38 Kilometern durchaus ordentlich zu trampeln hatten.

Mit dem Rad nach Innsbruck und dann wieder weiter mit dem Zug

In Innsbruck hat uns die ÖBB mit einem Stapel Tickets im Wert von 25 €/Person ausgestattet, mit dem wir dann gemütlich in der Regionalbahn nach München gelangt sind. Dort mussten wir nach kurzem Aufenthalt noch mal umsteigen und sind dann mit dem BOB - der Bayrischen Oberlandbahn - bis nach Tegernsee gefahren. Beim Radl-Hautmann in Fischbachau haben wir noch Jens' Rad zurückgegeben, dem Chef noch ein bisschen von unseren frischen Erlebnissen geschwärmt und uns im Gegenzug von ihm gleich für neue Touren begeistern lassen.

Vier Stunden später haben wir eine erschöpfende Rückreise hinter uns. Ich freue mich auf einen Rasierer, frische Sachen und - auf mein Bett.

Dienstag, 14. September 2010

Alpencross 2010 - 6. Etappe : Ponte Arche - Riva del Garda : Arrivo a Riva

Startzeit:9:25 Uhr
Ankunftszeit:14:00 Uhr
Fahrzeit:2 h 55 min
Distanz:34,0 km
Überwundene Höhe:650 hm

Heute ist der Tag zum Genießen. Gestern alles noch grau, heute wieder strahlend blauer Himmel. Beschwingt und mit der Leichtigkeit des Seins gehen wir auf unsere letzte Etappe, voller Vorfreude auf die Erlösung und den Triumph am Gardasee.

Blick zurück ins Val Lomasone

Gestern hatten wir schon das Gefühl, diese Transalp eigentlich schon geschafft zu haben. Heute fährt die Euphorie mit. Nur noch 600 m bergauf und dann wird der Lago di Garda zu unseren Füßen liegen.

Unsere Route führt uns von Ponte Arche über Lomaso hinein ins Val Lomasone, in ein sehr idyllisches Tal. In diesem Tal folgen wir dem Radweg in Richtung Refugio San Pietro, immer leicht bergan. Rechts und links ragen steile Felswände auf. Vor uns scheint im Wald das Tal zu enden. Aber das ist genau der Anstieg, der uns noch von unserem Ziel trennt.

Auf einer Lichtung dampft ein Hügel in der Morgensonne

Die letzten Höhenmeter geschafft
Die letzten Kilometer sind dramaturgisch perfekt: Auf einem Single-Trail, der für uns unüberwindbar ist, quälen wir uns, die Räder schiebend, 250 hm nach oben. Im Weg liegen Geröll, gefällte Bäume oder wenigstens Schlamm. Wenn nichts von alledem da ist, ist der Weg nur 30 cm breit und Wurzeln bilden Stufen von einem halben Meter Höhe, über die man das Rad mehr trägt als schiebt. Hier tropft uns nochmal der Schweiß aus jeder Pore und der Puls erreicht die Maximalfrequenz der Tour. Alles was uns an Belohnung bevorsteht, müssen wir uns hier nochmal schwer erkämpfen.

Und dann urplötzlich lichtet sich der Wald. Am Refugio San Pietro in 975 m Höhe wird der Blick in die Ferne frei. Das Ziel unserer Reise liegt unter uns. Zwischen den Bergen erstreckt sich bis zum Horizont der Lago di Garda, in einer weiten Ebene liegt Riva am Ufer des Sees, daneben der Monte Brione, der wie eine Schanze aus der Ebene herausragt. Ein fantastisches Panorama, das wir einige Minuten in der Sonne genießen.

Riva und der Lago del Garda zu unseren Füßen

Dann nehmen wir die letzten Kilometer unserer Alpenüberquerung unter die Räder: Knapp 1000 hm hinunter nach Riva. Die ersten allerdings zu Fuß, denn der Pfad, der beim Refugio beginnt, ist uns doch ein bisschen riskant. Obwohl ich mir gut vorstellen kann, dass es hier hinunter Riesenspaß macht, wenn man technisch versiert ist und keine Angst haben muss, in die senkrecht abfallende Schlucht zu stürzen. Irgendwann erreichen wir aber die Straße und lassen uns rollen. Riva im Blick, den See vor Augen und voller Stolz und Freude. Als wir das Ortseingangsschild Riva del Garda erreichen, bekomme ich Gänsehaut und reiße spontan die Arme nach oben.

Am Ziel!

Wir sind da. Wir haben es tatsächlich getan. Mit dem Rad, mit eigener Muskelkraft die Alpen überwunden. 400 Kilometer, 8600 Höhenmeter. Diesen Moment sauge ich in mich auf. Es ist ein Moment voller innerer Zufriedenheit, ein Moment der Erlösung, der Freude und ein Moment voller Stolz. Wir sind am Ziel!

Urlaub
Wir rollen mit unseren Rädern bis direkt an den Strand. In Riva ist Sommer! Bei strahlendem Sonnenschein und 28° C ist es völlig klar, dass wir auch mal in den See springen. Das Wasser ist eiskalt. Aber nach all den Strapazen tut das trotzdem richtig gut. Am Nachmittag machen wir noch ein paar Stunden Urlaub: Lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen, essen gemütlich in einer Strand-Pizzeria und genießen ein schönes Bierchen auf der Terasse in der Sonne.


Und dann ist eine intensive Reise, ein echtes Abenteuer zu Ende.

Zeit nach Hause zu fahren...


Montag, 13. September 2010

Alpencross 2010 - 5. Etappe : Malé - Ponte Arche : Wasserdicht

Startzeit:9:29 Uhr
Ankunftszeit:19:15 Uhr
Fahrzeit:5 h 53 min
Distanz:64,0 km
Überwundene Höhe:1886 hm

Als wie jeden Morgen der Wecker klingelt, kann ich gar nicht glauben, dass es schon halb acht ist. Es ist gar nicht richtig hell. Die Berge rund um Malé sind von dunklen Wolken verhangen, aus denen es ordentlich schüttet. Über Nacht hat sich das Wetter um 180° gedreht. Dazu macht sich heute noch mehr die Erschöpfung aus den Anstrengungen der letzten Tage bemerkbar, so dass wir heute Morgen nicht unbedingt vor Begeisterung sprühen.

Aufbruch in Malé
Wir haben auch ernsthaft über einen Ruhetag nachgedacht. Aber weder die Stadt, noch das Hotel können mit unseren vorangegangenen Stationen mithalten. Also brechen wir auch unter diesen Umständen auf, und als wir starten, hat sogar der Regen erst einmal aufgehört.

Das Val di Sole ist durchzogen von vielerlei Wanderwegen. Und so dauert es auch ein paar Kilometer bis wir kurz hinter Dimaro auf den rechten Weg kommen. Wir müssen etliche Male anhalten und uns auf der Karte orientieren. Dadurch haben wir schon ein bisschen Zeit verloren. Als wir aber auf dem richtigen Weg nach Madonna di Campiglio sind ist alles bestens ausgeschildert.

Hinauf nach Madonna di Campiglio
Der Aufstieg heute ist eher Kampf als Genuss. Es ist kühl, die Sicht ist schlecht und wir sind beide ganz schön kaputt. Der Weg ist auch relativ anspruchsvoll. Stellenweise geht es über mehrere hundert Meter mit 14-15 % Steigung hinauf.

Erste Station ist heute die Malga di Mondifra, wo wir gegen halb eins Mittag machen. Dort treffen wir auch zwei Jungs, die wir heut Morgen schon im Hotel gesehen haben. Natürlich haben sie das gleiche Ziel wie wir, wollen aber eine andere Strecke fahren. Nach dem Essen -Schweinegulasch mit so 'ner Art Kartoffelgrießbrei, gut aber mit 17 € ziemlich teuer- wünschen wir uns gegenseitig gute Fahrt und verlieren uns wieder aus den Augen. Beste Grüße von hier aus, vielleicht sehen wir uns in Riva!

Absolut Wasserdicht

Inzwischen hat es wieder heftig angefangen zu regnen. Und heftiger Regen in den Bergen bedeutet wirklich viel Wasser aus den Wolken! Damit ist es auch an der Zeit, dass wir unsere komplette Regenausrüstung anlegen: Regenjacke, Regenhose, Schuhüberzieher, Rucksackabdeckung. Und so können wir dem Regen auch was Positives abgewinnen: Diese Dinge haben wir nun immerhin nicht umsonst gekauft und über die Berge geschleppt. In strömendem Regen geht es von der Malga Mondifra nach Madonna di Campiglio. Ich bin ehrlich begeistert von den Regensachen. Da kommt kein Tropfen durch, wir sind absolut wasserdicht. Da hat sich "Montane - Made in Great Britain" echt ausgezahlt.

Die Abfahrt ist eigentlich eine schöne Abfahrt zum Heizen. Allerdings können wir sie gar nicht richtig genießen, weil wir den richtigen Abzweig ins Val d'Agola erwischen müssen. Prompt fahren wir tatsächlich zu weit, was nicht wegen der Entfernung dramatisch ist, sondern wegen der Höhe. 200 hm haben wir bestimmt eingebüßt, die wir nun auf dieser ohnehin schweren Etappe wieder herausfahren müssen.

Blick auf die Brenta...

... am Lago d'Agola

Gegen drei beginnen wir mit dem zweiten Anstieg am heutigen Tag. Wir müssen von 1100 m über den 1840 m hoch gelegenen Passo Bregn da l'Ors. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir nach 5 1/2 Stunden erst ungefähr die Hälfte der Etappe geschafft. Jetzt glaube ich nicht mehr, dass wir heute Abend noch wie geplant in Lomaso ankommen. Zum Glück hat der Regen aufgehört und in der Ferne kann man sogar wieder Stückchen vom blauen Himmel erkennen.

Verdammt steil
Der Weg im Val d'Agola ist noch kerniger als der erste. Bei über 20 % Steigung hilft auch die kleinste Übersetzung nichts mehr und wir müssen immer wieder kurze Stückchen schieben. Später nach dem Lago d'Agolo wird der Weg zum steinigen Pfad. Am letzten Wegweiser vor dem müssen wir nochmal schlucken: 190 hm in 900 m, da wird auch das Schieben anstrengend.


Letzter Anstieg geschafft
Aber als wir diese 190 hm überwunden haben, ist es geschafft. Das war der letzte große Anstieg dieser Tour! Und an dem was sich hinter dem Pass auftut, kann ich mich gar nicht sattsehen. Die Dolomiten in ihrer ganzen Schönheit! Eine grandiose Aussicht ins Tal. Unsere Stimmung hellt sich jetzt spürbar auf. Vor uns liegen noch 25 Kilometer, aber jetzt geht es nur noch hinunter. 1400 Höhenmeter jagen wir am Stück ins Tal. 25 Kilometer praktisch ohne eine einzige Kurbelumdrehung. Wahnsinn!

Kurz vor Schluss erreichen wir Stenico, wo wir unbedingt nochmal anhalten müssen. Die Berglandschaft dort ist gigantisch! Die Straße auf der wir fahren, führt in halber Höhe durch eine riesige Felsschlucht. Links neben uns ragen die Felsen hunderte Meter senkrecht in die Höhe, rechts hunderte Meter senkrecht in die Tiefe. Auf der anderen Seite in vielleicht 500 m Entfernung ebenfalls senkrechte Felsen, im Grund der Schlucht schlängelt sich eine Straße mit winzigen Autos an der Felswand neben einem türkisfarbenen See entlang. Dazu das Licht der Sonne, die gerade hinter den Bergen verschwindet. Dieser Ort ist faszinierend schön...

Fiume Sarca in der untergehenden Sonne

Von Stenico aus fahren wir dann noch rasend schnell die 200 hm hinunter nach Ponte Arche. Lomaso ist jetzt nur noch 2 Kilometer entfernt. Aber weil uns in Ponte Arche ein Hotel nach dem anderen begrüßt und wir nicht wissen, was uns in Lomaso erwartet, heben wir uns die zwei Kilometer für morgen auf.

Sauna gibt es heute nicht, dafür aber wieder die obligatorische Pizza. Mein Italienisch wird auch besser: Due birre e uno tartufo nero. La dolce vita italiana!

Am heutigen Tag waren wir bisher am längsten unterwegs. Dafür haben wir gefühlt unsere Transalp jetzt hinter uns. Morgen kommt dann noch die kurze Triumph-Etappe, die wir nochmal in aller Ruhe genießen wollen. Das Wetter soll auch gut werden. Riva del Garda, wir kommen!


Sonntag, 12. September 2010

Alpencross 2010 - 4. Etappe : St. Pankraz - Malé: Die Asphalt-Alpinisten

Startzeit:9:19 Uhr
Ankunftszeit:17:15 Uhr
Fahrzeit:4 h 48 min
Distanz:63,8 km
Überwundene Höhe:1672 hm


Um acht gibt es Frühstück im Hotel "Zur Post" in St. Pankraz, so dass wir -nun schon traditionell- zwanzig Minuten nach neun starten. Das Wetter ist wieder ein Traum: tiefblauer Himmel, angenehm warm, herrliches Bergwetter.

Der Zoggler Stausee im oberen Ultental

Unsere Etappe führt uns heute wieder erstmal straff bergauf. Auf der Ultentalstraße geht von 800 m in St. Pankraz auf 1150 m zum Zoggler Stausee in St. Walburg. Nach dem Stausee geht es einen Forstweg hinauf zur Spitzenalm auf 1850 m. Mit kurzen Pausen alle 250 hm kommen wir gut voran, so dass wir halb eins ein üppiges Käseomelett auf der Alm verspeisen können.

Idylle auf der Spitzneralm
Auf der Alm genießen wir ein fantastisches Panorama auf das Etschtal. Ganz dort unten sind wir gestern noch gewesen, und heute sind wir 1500 m höher und 30 Kilometer näher am Gardasee. Ein netter Einheimischer, mit dem wir während unserer Pause ins Gespräch kommen, erzählt uns einiges über die Gengend. Vor allen Dingen kann er uns tatsächlich die Namen aller umliegenden Gipfel ansagen. Gemerkt haben wir sie uns leider nicht. Auch ein paar Wanderer aus Deutschland interessieren sich für das, was wir tun, und bekunden großen Respekt.

Blick ins 30 km entfernte Etschtal

Von der Spitzner-Alm führt ein Trail zur nächsten Station, der Gampenalm. Für etwas erfahrenere Mountainbiker bestimmt was Feines. Neben dem schmalen Weg geht es allerdings steil nach unten und wir befürchten, beim kleinsten Anfängerfehler in die Tiefe zu stürzen. Also sind wir hier mal wieder ein Stück zu Fuß unterwegs, fluchen vor uns hin, wenn die Pedale beim Schieben gegen die Waden schlagen oder wenn sich in einem Steilstück der Sattel im Rucksack verfängt. Zu fortgeschrittener Stunde wünschen wir uns heimlich unsere Mountainbike-Autobahn von gestern zurück.


Damit ging auch einiges an Zeit verloren. Auf der Gampenalm ist es schon halb drei und wir haben noch 40 km vor uns. Darunter sind auch einige, die mit 400 hm zum Brezner Joch hinaufgehen. Im Verlaufe des Tages macht sich auch mehr und mehr mein rechtes Knie bemerkbar, das anscheinend erste Verschleißerscheinungen aus den letzten Tagen aufweist. Auch bei Jens ist eine gewisse Erschöpfung nicht von der Hand zu weisen. Angesichts dieser Umstände und der fortgeschrittenen Zeit müssen wir das erste Mal befürchten, dass wir das Etappenziel in Malé nicht schaffen. Nochmal 400 hm bis zum Brezner Joch, was realistischerweise anderthalb bis zwei Stunden bedeutet, sind heute nicht mehr drin. Ein neuer Plan muss her.

Wir studieren nochmal intensiv unsere Karten und finden zum Glück auch einen Weg, auf dem wir den Pass umgehen können. Von der Gampenalm fahren wir auf einem Forstweg zur Straße hinunter und sind von da an für heute die Asphalt-Alpinisten. Auf der Straße Richtung Revo, Malé müssen wir noch einige schmerzhafte Höhenmeter kurbeln. Darunter zwanzig Minuten durch einen dunklen, maroden, elend langen Tunnel. Ziemlich unheimlich und beängstigend, wenn im Dunkeln italienische LKWs herandröhnen.

Als das überstanden ist, können wir nochmal die Beine baumeln lassen. Mit bis zu 70 Sachen heizen wir hinunter nach Revo und halten noch mal an, als sich uns ein fantastischer Ausblick auf das Val di Sole und den Lago di Santa Guistina bietet.

Traumhafte Landschaften...

Dank unserer Abkürzung sind wir inzwischen auch wieder zuversichtlich, dass wir wie geplant in Malé übernachten werden. Trotzdem sind die letzten 15 Kilometer nicht einfach. Es geht nochmal 200 m nach oben und auf der Staatsstraße nervt endloser Verkehr. Mir tut das Knie immernoch weh und Jens, der sonst eigentlich der Pacemaker ist, trampelt auch müde hinter mir her.

Nach 63 Kilometern kommen wir dann gegen 17.15 Uhr in Malé an. Die Begeisterung für die Stadt hält sich in Grenzen. Offenbar sind wir von der südtiroler Idylle doch etwas verwöhnt. Immerhin finden wir wieder ein Hotel mit Sauna -das Hotel Liberty- und nach einigem Suchen und Fragen eine Pizzeria, in der wir ein gutes Bier bekommen und gut satt werden.

Die Etappe heute ist für uns beide mit Abstand die schwerste gewesen, obwohl sie von Kilometer- und Höhenmeterumfang eher niedriger war. Anscheinend zeigen sich jetzt nach vier Tagen die Ermüdungserscheinungen. Nichtsdestotrotz wollen wir morgen unsere letzte "richtige" Etappe angehen. Und dann sind wir ja schon fast in Riva...


Samstag, 11. September 2010

Alpencross 2010 - 3. Etappe : Sterzing - St. Pankraz : Kettenzugmaschinen am Jaufenpass

Startzeit:9:22 Uhr
Ankunftszeit:17:24 Uhr
Fahrzeit:4 h 49 min
Distanz:73,3 km
Überwundene Höhe:1647 hm

Heute lassen wir uns mal eine halbe Stunde früher wecken. Denn: Zum Einen haben wir mal ein Hotel erwischt, in dem es schon ab halb acht Frühstück gibt, zum Anderen können wir jede zusätzliche Minute auf der vor uns liegenden Etappe gut gebrauchen.

Kleiner Zwischenfall vorm Start
Unsere halbe Stunde Zeitgewinn ist allerdings schnell wieder futsch. Als wir unsere Räder aus dem Abstellraum holen, wartet da nämlich der erste Plattfuß der Tour auf uns. So wie's aussieht habe ich mir gestern noch einen Nagel in den Reifen gefahren und über Nacht hat's dann allmählich "pfff..." gemacht. Also ist, bevor wir starten können, erstmal Reifen reparieren angesagt.

Auf die Minute 9.22 Uhr -witzigerweise wie jeden Tag bisher- machen wir uns auf den Weg. Das Wetter ist 'ne Wucht!
Tiefblauer Himmel, die Sonne lacht über Berge. Es ist zwar noch etwas kühl, aber heute wird es definitiv Sommer.

Vor dem, was uns heute erwartet, haben wir nach dem Blick auf das Höhenprofil großen Respekt. 1100 hm über 18 km am Stück hinauf zum Jaufenpass. Aus Sterzing heraus rollen wir uns ein und nach drei Kilometern geht es dann hinein in den Berg.

Zerren bis die Kette knarzt
Wider Erwarten kommen wir richtig gut vorwärts. Im Vergleich zu gestern fahren wir zwei Gänge höher, zerren wie die Männer an der Kette und fühlen uns wie Tour-de-France-Fahrer als wir mit 9-10 km/h die Passstraße "hinaufjagen". Die vergangenen zwei Tage haben offenbar unsere Körper gestählt: von Schulterschmerzen keine Spur, die Waden topfit. Von diesen Umständen, dazu vom strahlenden Sonnenschein und der wunderschönen Landschaft sind wir regelrecht euphorisiert. Bei 1900 m Höhe verschwinden die letzten Bäume am Straßenrand und die Sicht wird frei für ein sagenhaftes Panorama. Die letzten 250 hm zur Passhöhe sind trotz der Anstrengung zum Genießen: Was für eine Aussicht auf so ein wunderschönes Fleckchen Erde. Traumhaft! Jeder einzelne Tropfen Schweiß hat sich dafür gelohnt!

Die Jaufenpassstraße - 18 km, 1100 hm


Viel früher als erwartet, erreichen wir um halb eins den Jaufenpass in 2057 m Höhe, so dass wir in aller Ruhe ein paar Fotos schießen, ein Weilchen die Aussicht nach beiden Seiten genießen und uns ein wenig von den Anstrengungen erholen.

Für die Abfahrt gibt es zwei Alternativen: So wie hinauf auf der Straße oder einen Wanderweg, der als "flowiger Trail" beschrieben wird. Ich nehme mir die Zeit und folge dem Weg ein paar Meter zu Fuß. Er sieht fahrbar aus, ist aber auch ziemlich steil, was uns auch ein Wirt in der Edelweißhütte am Pass bestätigt. Wir beschließen, dass wir zu sehr Anfänger sind, um das Trail-Risiko einzugehen, verschieben das auf die nächste Tour und entscheiden uns für Speed-Asphalt.

Vor der Abfahrt ins Passeiertal

Und das ohne Reue! 20 km am Stück ins Tal zu schießen mit 50-60-70 Sachen, in den Haarnadeln glühen die Bremsscheiben, das ist herrlich! In der Abfahrt können wir locker mit Autos und Motorrädern mithalten. Mehr sogar: Zweimal unterbrechen wir unsere Abfahrt, weil wir einen 5er BMW und andere Hochleistungsgefährte einholen und nicht überholen können. Was für ein Spaß!

Nach der Abfahrt vom Jaufenpass sind wir im Passeier Tal. Hier ist es endgültig Sommer. Strahlender Sonnenschein, 25° C . Und so cruisen wir auf einem Radwanderweg einlang der Passer durchs idyllische Tal, in dem sich Apfelplantage an Apfelplantage reiht. Mitte September ist natürlich eine kritische Zeit, um durch Apfelplantagen zu fahren. Da sind die Äpfel nämlich alle reif. Ich gebe zu - wir haben welche gestohlen. Und die waren lecker!

Meran
Der Passeierweg geht stetig leicht bergab, so dass wir auch hier ordentlich metern könnern und ca. halb vier Meran erreichen. Wie in Sterzing gestern sind wir auch heute wieder begeistert von diesen wunderhübschen südtiroler Städtchen.

Nach Meran gibt's noch 'nen Leckerbissen zum Abschluss dieser Etappe. Wir müssen noch hinüber ins Ultental, das heißt von 350 auf 800 m Höhe. Nach inzwischen 65 Kilometern im Sattel geht das allerdings nicht mehr ganz so fluffig wie heute Morgen. Trotzdem haben wir unser Erfolgserlebnis: Mit unseren Mountainbikes, beladen mit 8-10 Kilo Beiwerk, saugen wir uns an zwei Rennradfahrer heran, fahren kurz im Windschatten mit und ziehen dann vorbei. Wow, da haben wir uns stark gefühlt!

Ein Stück nach oben müssen wir noch

Der Weg nach oben war trotzdem nochmal ganz schön hart. Man lauert immer, dass hinter der nächsten Kurve das Ziel auftaucht und jedesmal geht es noch 30-40-50 Meter höher. Das ist jedenfalls gutes Mentaltraining.

Gegen halb sechs sind wir dann endlich in St. Pankraz und haben auch ein schönes Hotel gefunden. Nach den etwas unpersönlichen Hotels in den etwas größeren Städten bisher ist das Hotel zur Post mit seinen Angestellten so wie ich Südtirol kenne: Nette, zuvorkommende, dankbare Menschen, die einem den Urlaub so angenehm wie möglich machen wollen. Das Hotel ist Spitze. Sauna, Swimming Pool, urigste Gemütlichkeit. Perfekt nach einem solchen anstrengenden Tag.

Später nach dem Abendessen (Pizza - was sonst?), einem gemütlichen Bier und einem netten Gespräch über solche und solche Gäste spendiert uns die Wirtin noch einen Ultner Zirmeler. Ein sehr wohlschmeckender Schnaps, der aus einer Art Tannenzapfen hergestellt und ausschließlich im Ultental gebrannt und verkauft wird.

Und so klingt ein weiterer Etappentag aus. Mehr als die Hälfte der Kilometer haben wir jetzt hinter uns. Riva kommt näher und es ist Sommer.



Freitag, 10. September 2010

Alpencross 2010 - 2. Etappe : Mayrhofen - Sterzing: Auf steinigem Weg

Startzeit:9:23 Uhr
Ankunftszeit:17:55 Uhr
Fahrzeit:5 h 41 min
Distanz:68,9 km
Überwundene Höhe:1701 hm

Heute lassen wir uns wieder halb acht wecken. Ich bin wirklich hochgeschreckt, als das Handy gepiept hat, obwohl ich das Gefühl habe, kaum geschlafen zu haben. Nach der Etappe gestern liegt mein Ruhepuls immer noch bei gefühlten 140. Auch Jens hat sich nach eigenen Angaben im Bett gewälzt wie ein Propeller.

Aufbruch zur zweiten Etappe
Nach einem guten Frühstück im Hotel Victoria starten wir wieder gegen halb zehn. Der erste Kontakt mit dem Sattel ist zugegebenermaßen recht schmerzhaft. Hoffentlich gewöhnt sich das Gesäß noch dran.

Die ersten Kilometer auf dem Hochsteg im Zillertal gehen straff bergan. Das ist auch gut so. Schließlich wollen wir von heute 650 m ununterbrochen bergauf auf den höchsten Punkt unserer Tour, dem Pfitscher Joch auf 2250 m. Nach ungefähr acht Kilometern haben wir dann auch tatsächlich unsere erste Tragepassage. Aber nicht weil es so steil war, sondern weil auf der Straße gebaut wird und wir unsere Räder und Rucksäcke zwischen Felswänden und Baumaschinen durchhieven müssen.

Trail zum Schlegeisspeicher

Kurz hinter Ginzling fahren wir dann abseits der Straße entlang ausgeschilderter Wanderwege. Auf dem Adlerweg zwischen Ginzling und Breitlahner und dem Wanderweg zum Schlegeisspeicher kommt auf jeden Fall richtiges Mountainbike-Feeling auf. Bei 1650 hm geht es dann ein paar pulstreibende Serpentinen hinauf zum Schlegeisspeicher, einem Stausee, von dessen klarem türkisfarbenen Wasser wir schwer beeindruckt sind.

Nach dem Schlegeisspeicher wird der Aufstieg zum Pfitscher Joch auf der Karte zur gestrichelten Linie. Das heißt für MTB-Technik-Greenhörner wie uns: Rad in die Hand und schieben.
Steil und steinig der Weg zum Gipfel
Irgendjemand hat dort auf den schönen Weg ein Haufen Steife hingekippt. Stellenweise versuchen wir zwar, uns in unserer bescheidenen Technik zu üben, aber die meisten der 400 hm schieben wir. Immerhin werden wir von den meisten der vielen uns entgegenkommenden Wanderer regelrecht bewundert: "Was die Jugend von heute alles macht!".

Dass wir einige Kilometer nicht fahren können, dafür bin ich in diesem Moment regelrecht dankbar. Das Laufen zwischendurch ist sehr entspannend für die strapazierten Körperteile, die Kontakt zu Rucksack und Sattel haben. Und es ist auch nicht so anstrengend wie befürchtet. Laufen haben wir schließlich trainiert.

Nur noch eine Rampe!
Kurz vor der Passhöhe erreichen wir noch eine Hochebene in der wir tatsächlich noch ein Stück fahren können. Die letzten Rampen führen über Geröll mit Steinen in Tennis- und Handballgröße und jagen den Puls nochmal ordentlich nach oben. Um 15.15 Uhr nach 32 Kilometern und 1700 Höhenmetern erreichen wir bei 8° C das Pfitscher-Joch-Haus. Endlich Mittag und endlich was Warmes! Als wir nach unserer Pause wieder aufbrechen, weht ein eisiger Wind, das Thermometer am Radcomputer zeigt nur noch 5° C. Ich ziehe alles an, was der Rucksack zu bieten hat und brauche eine Weile bis ich nicht mehr zittere. Spätsommer am Pfitscher Joch.

Blick zurück

Das Pfitscher Joch ist mit 2275 m ü. NN der höchste Punkt der Etappe und auch unserer gesamten Tour. Zum Ziel in Sterzing geht es jetzt 35 km nur noch bergab. Erst auf Forstweg-Serpentinen, ein fantastischer Abfahrtsspaß, dann auf der Straße. Heute gemessene Höchstgeschwindigkeit und damit Rekord: 74,2 km/h. Das hat Laune gemacht!

Hinunter nach Südtirol!

Gegen halb sechs erreichen wir Sterzing. Ein Zimmer bekommen wir im Hotel "Sterzinger Moos". Das schönste hier: Sauna inklusive! Nach finnischer Sauna und türkischem Dampfbad sind wir wie neugeboren. In einer gemütlichen Pizzeria -schließlich sind wir jetzt in Italien- hauen wir uns die Wänste voll, zischen noch ein Bierchen im Hotel und fallen total erschöpft ins Bett.