Sonntag, 10. April 2011

Milano City Marathon - Sommer in Mailand



Es ist überstanden.

Ich liege im Schatten unter einem Baum auf einer Wiese vor dem Castello Sforzesco. Aus ein paar Metern Entfernung hallen noch immer ununterbrochen die italienischen Anfeuerungsrufe des Zielsprechers. Der Zustand meiner Beine wechselt spontan zwischen Schmerz und Taubheit und der Durst quält mich immer noch. Ich schließe die Augen. Ich bin froh, dass es überstanden ist. Vor etwas mehr als vier Stunden begann der schwerste Lauf, den ich je gelaufen bin...

Ich bin seltsam entspannt, als ich mich in meinem Startblock zwänge. Nichts zu spüren von der Aufregung, wie sie mich beim ersten Mal in Prag erfasst hatte oder auch im Herbst beim MDM. Ich fühl mich gut vorbereitet, habe einen genauen Plan, wie ich laufen will. Vielleicht liegt es ja daran. Oder weil Kerstin mit dabei ist. Ich winke ihr noch einmal zu und freue mich schon, dass sie an mehreren Stellen an der Strecke auf mich warten und mich anfeuern will. Jens, Felix, Kressi und ich, wir klatschen uns nochmal ab und dann verlieren wir uns im Gewühl des Starterfeldes.

Das einzige, was mir ein bisschen Sorgen macht, ist der strahlend blaue Himmel. Es ist Anfang April, aber wir haben Sommer in Mailand. Bis zu 30° C sind angesagt. Jetzt, kurz nach neun, ist es noch angenehm kühl. Hoffentlich bleibt es lange so.

Dann fällt der Startschuss. Es geht los. Nach vielen, vielen Trainingswochen mit über 600 km und wochenlanger Vorfreude laufe ich meinen dritten Marathon. Ich fühle mich richtig gut.

Die ersten Kilometer laufen wir durch die wenig spektakulären Außenbezirke von Mailand. Vereinzelt haben sich auch ein paar Zuschauer an die Strecke verirrt. Trotzdem fliegen die ersten Kilometer dahin. Ich laufe schön ruhig, genau nach Plan. An den Kilometerschildern bin ich mal ein paar Sekunden vor, mal hinter der Zeit. Die Männer mit dem roten Ballon mit der 3:45 hab ich fest im Blick. Alles im grünen Bereich. Ich ahne noch nicht, dass Sekunden bald keine Rolle mehr spielen.

Bei Kilometer 12 taucht groß und gewaltig das Guiseppe-Meazza-Stadion auf. Dort hat gestern erst Inter Mailand gespielt, und wir haben die Chance genutzt, live dabei zu sein. Das Spiel war nichts besonderes, aber die Atmosphäre in diesem riesigen Kessel ist schon ein Erlebnis.

Die Zuschauerreihen am Straßenrand werden jetzt immer dichter. Irgendwo hier bei Kilometer 14 wollte ja auch Kerstin mit Sebastian und Bianca warten. Ich sperre die Augen auf. Auf keinen Fall will ich sie verpassen. Und dann seh ich sie, winke ihr zu und dann ist dieser Moment auch schon wieder vorbei. Vor lauter Aufregung fällt mir auch noch das Sportstracker-Handy aus der Armtasche und schlittert über den Asphalt. Jetzt sind auch noch meine GPS-Daten futsch! Aber ich habe Glück. Das Handy hat den Sturz überlebt und es ist auch keiner draufgetreten. Weiter geht's!

Ein Drittel des Rennens ist geschafft. Es ist warm geworden in der Zwischenzeit. An den Wasserstellen werden die Getränke nicht mehr in Bechern, sondern gleich in Flaschen gereicht. Das ist gut so. Mit einem halben Liter Wasser komme ich gerade so von einer Station zur nächsten. Die Wärme macht mich vorsichtig. Ich will nicht zu schnell laufen. Ich weiß, dass es noch weit ist bis ins Ziel. Bei Halbzeit zeigt die Uhr 1:53 h. Die Männer mit dem roten Ballon habe ich aus den Augen verloren.

Wie sind jetzt in der Innenstand von Mailand. Die Beine werden langsam schwer, der Durst wird zu einem immer stärker ins Bewusstsein dringenden Gefühl. Mittlerweile bin ich auch zu sehr mit mir selbst beschäftigt, als dass ich die Mailänder Sehenswürdigkeiten genießen könnte. Nur als es am Dom vorbei geht, hebe ich den Blick, um bewusst zu genießen: Diese imposante Kathedrale vor dem strahlend blauen Himmel, Menschenmengen am Rand, die uns anfeuern: "Bravi, Ragazzi, bravi!". Ich laufe Marathon in Mailand!

Und dann entdecke ich auch Kerstin und die andern beiden wieder. Noch einmal ein schönes Gefühl, bevor es auf noch 14 quälende Kilometer geht. Auf die Kilometer, die man nicht trainieren kann, auf denen man mit sich selbst allein ist. Auf die Kilometer, auf denen der Kampf beginnt.

Nach drei gelaufenen Stunden ist es nicht mehr nur warm, jetzt ist es heiß. Ich trinke an jeder Verpflegungsstelle und trotzdem wird ein paar Minuten später die Zunge zu einem dicken, klebrigen Klumpen im Mund. Auf dem T-Shirt bilden sich weiße Krusten, und wenn ich mir mit dem Schwamm das Gesicht nass mache, läuft mir Salzwasser in den Mund. Ich höre plötzlich Schreie. Laute, eindringliche Schmerzensschreie. Am Straßenrand liegt ein Läufer, den furchtbare Krämpfe gepackt haben. Obwohl ihm schnell ein paar andere helfen, muss er qualvolle Schmerzen haben. Er brüllt wie am Spieß, und noch hunderte Meter weiter hallen seine Schreie durch die Häuserschluchten.

Ich kämpfe auch. Eigentlich will ich nicht mehr. Nicht mehr kämpfen und nicht mehr laufen. Aber ich laufe weiter. "Bleib nicht stehen! Heute läufst du durch!" Die Füße sind so schwer. Ich bekomme sie kaum noch vom Boden hoch. Ich werde auch immer langsamer. An 3:45 h ist schon lange nicht mehr zu denken. Vielleicht noch die Bestzeit vom MDM? "Dann musst du anziehen! Jetzt!" Keine Chance. Es geht nicht schneller. Diese Einsicht tut weh. Wochenlang trainiert man, quält man sich, richtet alles auf diesen einen Tag aus... Ich laufe keinen Marathon mehr! Dieser, mein dritter Marathon in Mailand wird mein letzter sein! Bei Kilometer 37 überholen mich die Männer mit den blauen Ballons. "4:00" steht drauf.



Eine gute halbe Stunde später kann ich endlich den Zielsprecher hören. Ich laufe die letzten Schritte vorbei an den dicht gedrängten Zuschauermassen, versuche den geschundenen Körper nochmal aufzurichten. Irgendwo in der Menge steht auch Kerstin und ruft und schreit, aber ich höre sie nicht. Ich will nur noch ins Ziel. Die Vorfreude, es gleich überstanden zu haben, erlöst zu sein, treibt mir die Tränen in die Augen. Und dann ist es vorbei. Ich versuche die Faust zu ballen. Ich weiß nicht, ob es gelingt.

Und dann liege ich im Schatten unter einem Baum auf einer Wiese vor dem Castello Sforzesco...



Nach einer Weile sind wir alle zusammen: Jens, der schon nach 3:24 h im Ziel war, Felix und Kressi, die auch nach hartem Kampf jetzt mit einer Superzeit Marathonis sind -Glückwunsch!!!- , und unser Begleit- und Fototeam Kerstin, Sebastian und Bianca. Dann lassen wir unsere Jubelschreie raus und posen wie echte Helden vor der Kamera. Der geballte Stolz, in dieser Hitzeschlacht bestanden zu haben, ist zu greifen. Wir haben allen Grund zu feiern!

Ich tue mich am Anfang ein bisschen schwer, über meine 4:05:14 h nicht enttäuscht zu sein und sie nicht als Niederlage zu sehen. Jetzt, nach ein paar Tagen, relativiert sich dieses Gefühl: Ich war in diesem schweren Rennen bei diesen Bedingungen nur zwölf Minuten über meiner MDM-Bestzeit. Von den ca. 4000 Läufern, die an den Start gegangen sind, haben 1000 das Ziel nicht erreicht. Ich gehöre zu den anderen, und jetzt bin ich stolz darauf. Mittlerweile studiere ich schon wieder Trainingspläne und von dem Gerede "Nie wieder Marathon!" will ich nichts mehr wissen. Im Oktober geht's nach Palma de Mallorca. Ich greife wieder an!

Samstag, 1. Januar 2011

Hallo 2011!

2010 ist Geschichte

Und wie es immer so ist, am Ende denkt man: ‚Wie schnell war dieses Jahr wieder rum! ‘ Es war vollgepackt mit intensiven Erlebnissen. 2010 war mein Marathon-Jahr und 2010 war unser Alpencross-Jahr. Gelaufen bin ich soviel wie noch nie in meinem Leben. Die Zeit flog von einem Ereignis zum nächsten. Interessanterweise habe ich aber auch trotzdem das Gefühl, dass unser erster Wettkampf des Jahres Anfang März in Eilenburg unwahrscheinlich lange her ist.

Vermutlich liegt das daran, dass ich kurze Zeit später ein Lauferlebnis hatte, das unvergesslich bleiben wird: Mein erster Marathon am 9. Mai in Prag. Wenn ich heute daran denke, dann habe ich noch die bunte Menge der vielen 1000 Läufer in den schmalen Altstadt-Gässchen von Prag vor Augen und Smetanas Moldau im Ohr. Vor allen Dingen denke ich aber an das unbeschreibliche Gefühl im Ziel, diese Distanz bewältigt zu haben.

Und diese Erfahrung durfte ich ja im vergangenen Jahr noch einmal machen. Als Jens und ich nach 400 Kilometern über die Alpen mit unseren Mountain Bikes an der Standpromenade in Riva del Garda entlang rollten, das war genauso Gänsehaut-Gefühl. Diese sechs Tage auf dem Rad zähle ich zu den aufregendsten, interessantesten und schönsten Dingen, die ich bisher erlebt habe.

Wegen unserer Alpentour mussten wir ja auch einen Heidelauf opfern. Deshalb habe ich eine komplette Heidelaufserie, wie ich’s mir vorgenommen hatte, 2010 leider nicht geschafft. Dabei war das vergangene Jahr bis auf weiteres die letzte Chance, ein Treppchenplatz anzuvisieren. In der neuen Altersklasse, in der ich jetzt starte, ist die Teilnehmerzahl und damit das Gerangel um die Plätze jedenfalls deutlich größer. Aber letztendlich laufe ich vor allem für mich und gegen die Zeit. Und das kann man bei der Heidelaufserie auch in der Altersklasse M40.

... und 2011?

Auch 2011 wird wieder ein spannendes Jahr werden. Ganz besonders freue ich mich schon gleich auf den Anfang des Jahres: In ein paar Wochen steigen wir in den Flieger und verreisen nach Sri Lanka. Die Perle des Indischen Ozeans, wie man sagt – Traumstrände, Elefanten, Tempel, fantastische Natur. Ich bin sehr gespannt.

Was den Sport betrifft, habe ich den Ehrgeiz, meine Marathon-Zeit unter die 3:45:00-h-Marke zu drücken. Die nächste Chance dafür ist am 10. April in Mailand. Und das wird bestimmt gut. Mittlerweile sind wir eine Truppe von sieben, acht Leuten, die aus dem Marathon-Event einen gemeinsamen Kurzurlaub machen. Marathon, Flug und Hotel sind schon gebucht. Ich freu mich drauf!

Im Herbst soll noch ein Marathon dazukommen. Unser Favorit ist der TUI-Mallorca-Marathon. Bestzeit laufen und danach noch ein paar Tage auf der Insel relaxen. Das klingt mir ziemlich gut.

Und vielleicht - ach, bestimmt – versuche ich im Sommer mal ‘nen Triathlon. Jens hat mir jedenfalls den Mund schon wässrig geredet.

Ich freue mich auf 2011. Und allen, die hier ab und zu vorbeilesen, wünsch ich alles Gute, Gesundheit und Erfolg für dieses neue Jahr!

Laufstatistik 2010
AnzahlDistanzZeitPace
Training1211434 km139:47 h5:51 min/km
Wettkampf13205 km17:37 h5:10 min/km
Gesamt1341639 km157:24 h5:46 min/km

Mittwoch, 15. September 2010

Alpencross 2010 - Zurück nach Hause

Warten auf den Bus
Eigentlich ist ja unsere Transalp in Riva del Garda zu Ende. Aber weil unsere Rückreise auch über mehrere Stationen führte und auch für den einen oder anderen Gleichgesinnten ein paar nützliche Informationen enthält, will ich auch den allerletzten Tag unserer Reise nicht unerwähnt lassen.

Die Planung der Rückreise sind wir offengestanden etwas naiv angegangen. Wir wissen, wir müssen nach Rovereto, der nächsten Stadt mit einem Bahnhof, und von da kommen wir schon mit dem Zug irgendwie nach Hause. Allerdings wissen wir weder, wo Rovereto liegt, noch haben wir uns vorher über Zugverbindungen informiert. Rovereto hatte ich nach all den Berichten im Netz in unmittelbarer Nähe von Riva erwartet. Die Stadt liegt aber 20 km von Riva entfernt. Schlimmer noch: Zwischen Riva und Rovereto liegen noch 650 Höhenmeter! Klar kann man das mit Rad fahren, machen viele andere ja auch. Aber unsere Transalp ist zu Ende, nochmal 2-3 Stunden die Berge rauf, dafür fehlt uns die mentale Kraft. Die Luft ist raus.

Wir sind dann mit dem Bus gefahren. Zwischen Riva und Trento verkehren Überlandbusse im Abstand von ungefähr einer Stunde mit Zwischenstation Rovereto, Bahnhof. Wir sind in Riva an der Haltestelle Hotel du Lac eingestiegen, konnten beim Bus-Schaffner(!) unsere Tickets lösen (2,60 €/Person, 1,--€/Rad). Radmitnahme ist gar kein Problem, die kommen in den Kofferraum vom Reisebus. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass das im Juli oder August wegen Überfüllung nicht ganz so gut funktioniert.

In Rovereto haben wir uns den erstbesten Zug genommen, der Richtung Heimat fährt. Es war jetzt halb sechs und so haben wir uns entschlossen, wir fahren noch bis Bozen und übernachten dort.

In den Regionalzügen von Trenitalia ist das Mitnehmen von Fahrrädern kein Problem (sofern Platz ist, was um die Zeit der Fall ist). Jedoch sollte man wissen, dass man seine Tickets vorher lösen sollte und dass sich das Fahrrad-Abteil am Anfang des Zuges befindet. Wir wussten beides nicht. Sind also ohne Tickets in den Zug gestiegen und haben unsere Räder, so gut es ging, im engen Eingangsbereich verstaut. Schaffner waren weit und breit nicht in Sicht.

Fahrräder da, wo sie hingehören
Bis kurz vor Bozen - als uns eine große kräftige Trenitalia-Beamte wortreich auf italienisch klargemacht hat, dass unsere Fahrräder dort nichts zu suchen haben. Angesichts des Wortschwalls können wir nur fragend und unschuldig kucken. In gebrochenem italienisch -"Bigletti!"- hab ich ihr noch angeboten Tickets, zu kaufen. Wir wissen nicht, was da hineininterpretiert hat, jedenfalls endete der Dialog nach "Wherrre you goin'?" - "Bolzano" - mit einer abwinkenden Handbewegung und so sind wir ziemlich günstig von Rovereto nach Bozen gekommen. :-)

In Bozen bekommen wir ein Zimmer im Hotel Adria (okay, aber verhältnismäßig teuer) und feiern am Abend in einem gemütlichen Irish Pub in der Bozener Innenstadt unseren ganz persönlichen Toursieg .

Warten auf den Zug

Am nächsten Morgen sind wir beizeiten am Bahnhof, um mit dem EC Mailand-München weiterzufahren. Allerdings war das etwas blauäugig. Ohne Buchung wird es schwierig. Der nette Angestellte in der Bahnhofsinformation hat sogar für uns im Zug angerufen, ob noch Platz wäre. War aber nicht und so hat er dringend davon abgeraten einzusteigen.

Wir haben dann die nächste Regionalbahn nach Brenner genommen. Tickets haben wir nach unserer gestrigen Erfahrung vorher gelöst (10 €/Person, 4 €/Rad) und unsere Räder schön vorn im Fahrrad-Abteil abgestellt. Dass wir die Tickets in unserer Unwissenheit vor der Fahrt nicht entwertet haben, hat uns der Schaffner zum Glück auch nicht krumm genommen.

Von Brenner aus sind wir der allgemeinen Empfehlung gefolgt und nach Innsbruck hinunter mit dem Rad gefahren. Einfach nur Rollen war's dann aber doch nicht. Uns blies ein ordentlicher Gegenwind ins Gesicht, so dass wir auf den flacheren Stückchen ein paar von den 38 Kilometern durchaus ordentlich zu trampeln hatten.

Mit dem Rad nach Innsbruck und dann wieder weiter mit dem Zug

In Innsbruck hat uns die ÖBB mit einem Stapel Tickets im Wert von 25 €/Person ausgestattet, mit dem wir dann gemütlich in der Regionalbahn nach München gelangt sind. Dort mussten wir nach kurzem Aufenthalt noch mal umsteigen und sind dann mit dem BOB - der Bayrischen Oberlandbahn - bis nach Tegernsee gefahren. Beim Radl-Hautmann in Fischbachau haben wir noch Jens' Rad zurückgegeben, dem Chef noch ein bisschen von unseren frischen Erlebnissen geschwärmt und uns im Gegenzug von ihm gleich für neue Touren begeistern lassen.

Vier Stunden später haben wir eine erschöpfende Rückreise hinter uns. Ich freue mich auf einen Rasierer, frische Sachen und - auf mein Bett.

Dienstag, 14. September 2010

Alpencross 2010 - 6. Etappe : Ponte Arche - Riva del Garda : Arrivo a Riva

Startzeit:9:25 Uhr
Ankunftszeit:14:00 Uhr
Fahrzeit:2 h 55 min
Distanz:34,0 km
Überwundene Höhe:650 hm

Heute ist der Tag zum Genießen. Gestern alles noch grau, heute wieder strahlend blauer Himmel. Beschwingt und mit der Leichtigkeit des Seins gehen wir auf unsere letzte Etappe, voller Vorfreude auf die Erlösung und den Triumph am Gardasee.

Blick zurück ins Val Lomasone

Gestern hatten wir schon das Gefühl, diese Transalp eigentlich schon geschafft zu haben. Heute fährt die Euphorie mit. Nur noch 600 m bergauf und dann wird der Lago di Garda zu unseren Füßen liegen.

Unsere Route führt uns von Ponte Arche über Lomaso hinein ins Val Lomasone, in ein sehr idyllisches Tal. In diesem Tal folgen wir dem Radweg in Richtung Refugio San Pietro, immer leicht bergan. Rechts und links ragen steile Felswände auf. Vor uns scheint im Wald das Tal zu enden. Aber das ist genau der Anstieg, der uns noch von unserem Ziel trennt.

Auf einer Lichtung dampft ein Hügel in der Morgensonne

Die letzten Höhenmeter geschafft
Die letzten Kilometer sind dramaturgisch perfekt: Auf einem Single-Trail, der für uns unüberwindbar ist, quälen wir uns, die Räder schiebend, 250 hm nach oben. Im Weg liegen Geröll, gefällte Bäume oder wenigstens Schlamm. Wenn nichts von alledem da ist, ist der Weg nur 30 cm breit und Wurzeln bilden Stufen von einem halben Meter Höhe, über die man das Rad mehr trägt als schiebt. Hier tropft uns nochmal der Schweiß aus jeder Pore und der Puls erreicht die Maximalfrequenz der Tour. Alles was uns an Belohnung bevorsteht, müssen wir uns hier nochmal schwer erkämpfen.

Und dann urplötzlich lichtet sich der Wald. Am Refugio San Pietro in 975 m Höhe wird der Blick in die Ferne frei. Das Ziel unserer Reise liegt unter uns. Zwischen den Bergen erstreckt sich bis zum Horizont der Lago di Garda, in einer weiten Ebene liegt Riva am Ufer des Sees, daneben der Monte Brione, der wie eine Schanze aus der Ebene herausragt. Ein fantastisches Panorama, das wir einige Minuten in der Sonne genießen.

Riva und der Lago del Garda zu unseren Füßen

Dann nehmen wir die letzten Kilometer unserer Alpenüberquerung unter die Räder: Knapp 1000 hm hinunter nach Riva. Die ersten allerdings zu Fuß, denn der Pfad, der beim Refugio beginnt, ist uns doch ein bisschen riskant. Obwohl ich mir gut vorstellen kann, dass es hier hinunter Riesenspaß macht, wenn man technisch versiert ist und keine Angst haben muss, in die senkrecht abfallende Schlucht zu stürzen. Irgendwann erreichen wir aber die Straße und lassen uns rollen. Riva im Blick, den See vor Augen und voller Stolz und Freude. Als wir das Ortseingangsschild Riva del Garda erreichen, bekomme ich Gänsehaut und reiße spontan die Arme nach oben.

Am Ziel!

Wir sind da. Wir haben es tatsächlich getan. Mit dem Rad, mit eigener Muskelkraft die Alpen überwunden. 400 Kilometer, 8600 Höhenmeter. Diesen Moment sauge ich in mich auf. Es ist ein Moment voller innerer Zufriedenheit, ein Moment der Erlösung, der Freude und ein Moment voller Stolz. Wir sind am Ziel!

Urlaub
Wir rollen mit unseren Rädern bis direkt an den Strand. In Riva ist Sommer! Bei strahlendem Sonnenschein und 28° C ist es völlig klar, dass wir auch mal in den See springen. Das Wasser ist eiskalt. Aber nach all den Strapazen tut das trotzdem richtig gut. Am Nachmittag machen wir noch ein paar Stunden Urlaub: Lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen, essen gemütlich in einer Strand-Pizzeria und genießen ein schönes Bierchen auf der Terasse in der Sonne.


Und dann ist eine intensive Reise, ein echtes Abenteuer zu Ende.

Zeit nach Hause zu fahren...


Montag, 13. September 2010

Alpencross 2010 - 5. Etappe : Malé - Ponte Arche : Wasserdicht

Startzeit:9:29 Uhr
Ankunftszeit:19:15 Uhr
Fahrzeit:5 h 53 min
Distanz:64,0 km
Überwundene Höhe:1886 hm

Als wie jeden Morgen der Wecker klingelt, kann ich gar nicht glauben, dass es schon halb acht ist. Es ist gar nicht richtig hell. Die Berge rund um Malé sind von dunklen Wolken verhangen, aus denen es ordentlich schüttet. Über Nacht hat sich das Wetter um 180° gedreht. Dazu macht sich heute noch mehr die Erschöpfung aus den Anstrengungen der letzten Tage bemerkbar, so dass wir heute Morgen nicht unbedingt vor Begeisterung sprühen.

Aufbruch in Malé
Wir haben auch ernsthaft über einen Ruhetag nachgedacht. Aber weder die Stadt, noch das Hotel können mit unseren vorangegangenen Stationen mithalten. Also brechen wir auch unter diesen Umständen auf, und als wir starten, hat sogar der Regen erst einmal aufgehört.

Das Val di Sole ist durchzogen von vielerlei Wanderwegen. Und so dauert es auch ein paar Kilometer bis wir kurz hinter Dimaro auf den rechten Weg kommen. Wir müssen etliche Male anhalten und uns auf der Karte orientieren. Dadurch haben wir schon ein bisschen Zeit verloren. Als wir aber auf dem richtigen Weg nach Madonna di Campiglio sind ist alles bestens ausgeschildert.

Hinauf nach Madonna di Campiglio
Der Aufstieg heute ist eher Kampf als Genuss. Es ist kühl, die Sicht ist schlecht und wir sind beide ganz schön kaputt. Der Weg ist auch relativ anspruchsvoll. Stellenweise geht es über mehrere hundert Meter mit 14-15 % Steigung hinauf.

Erste Station ist heute die Malga di Mondifra, wo wir gegen halb eins Mittag machen. Dort treffen wir auch zwei Jungs, die wir heut Morgen schon im Hotel gesehen haben. Natürlich haben sie das gleiche Ziel wie wir, wollen aber eine andere Strecke fahren. Nach dem Essen -Schweinegulasch mit so 'ner Art Kartoffelgrießbrei, gut aber mit 17 € ziemlich teuer- wünschen wir uns gegenseitig gute Fahrt und verlieren uns wieder aus den Augen. Beste Grüße von hier aus, vielleicht sehen wir uns in Riva!

Absolut Wasserdicht

Inzwischen hat es wieder heftig angefangen zu regnen. Und heftiger Regen in den Bergen bedeutet wirklich viel Wasser aus den Wolken! Damit ist es auch an der Zeit, dass wir unsere komplette Regenausrüstung anlegen: Regenjacke, Regenhose, Schuhüberzieher, Rucksackabdeckung. Und so können wir dem Regen auch was Positives abgewinnen: Diese Dinge haben wir nun immerhin nicht umsonst gekauft und über die Berge geschleppt. In strömendem Regen geht es von der Malga Mondifra nach Madonna di Campiglio. Ich bin ehrlich begeistert von den Regensachen. Da kommt kein Tropfen durch, wir sind absolut wasserdicht. Da hat sich "Montane - Made in Great Britain" echt ausgezahlt.

Die Abfahrt ist eigentlich eine schöne Abfahrt zum Heizen. Allerdings können wir sie gar nicht richtig genießen, weil wir den richtigen Abzweig ins Val d'Agola erwischen müssen. Prompt fahren wir tatsächlich zu weit, was nicht wegen der Entfernung dramatisch ist, sondern wegen der Höhe. 200 hm haben wir bestimmt eingebüßt, die wir nun auf dieser ohnehin schweren Etappe wieder herausfahren müssen.

Blick auf die Brenta...

... am Lago d'Agola

Gegen drei beginnen wir mit dem zweiten Anstieg am heutigen Tag. Wir müssen von 1100 m über den 1840 m hoch gelegenen Passo Bregn da l'Ors. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir nach 5 1/2 Stunden erst ungefähr die Hälfte der Etappe geschafft. Jetzt glaube ich nicht mehr, dass wir heute Abend noch wie geplant in Lomaso ankommen. Zum Glück hat der Regen aufgehört und in der Ferne kann man sogar wieder Stückchen vom blauen Himmel erkennen.

Verdammt steil
Der Weg im Val d'Agola ist noch kerniger als der erste. Bei über 20 % Steigung hilft auch die kleinste Übersetzung nichts mehr und wir müssen immer wieder kurze Stückchen schieben. Später nach dem Lago d'Agolo wird der Weg zum steinigen Pfad. Am letzten Wegweiser vor dem müssen wir nochmal schlucken: 190 hm in 900 m, da wird auch das Schieben anstrengend.


Letzter Anstieg geschafft
Aber als wir diese 190 hm überwunden haben, ist es geschafft. Das war der letzte große Anstieg dieser Tour! Und an dem was sich hinter dem Pass auftut, kann ich mich gar nicht sattsehen. Die Dolomiten in ihrer ganzen Schönheit! Eine grandiose Aussicht ins Tal. Unsere Stimmung hellt sich jetzt spürbar auf. Vor uns liegen noch 25 Kilometer, aber jetzt geht es nur noch hinunter. 1400 Höhenmeter jagen wir am Stück ins Tal. 25 Kilometer praktisch ohne eine einzige Kurbelumdrehung. Wahnsinn!

Kurz vor Schluss erreichen wir Stenico, wo wir unbedingt nochmal anhalten müssen. Die Berglandschaft dort ist gigantisch! Die Straße auf der wir fahren, führt in halber Höhe durch eine riesige Felsschlucht. Links neben uns ragen die Felsen hunderte Meter senkrecht in die Höhe, rechts hunderte Meter senkrecht in die Tiefe. Auf der anderen Seite in vielleicht 500 m Entfernung ebenfalls senkrechte Felsen, im Grund der Schlucht schlängelt sich eine Straße mit winzigen Autos an der Felswand neben einem türkisfarbenen See entlang. Dazu das Licht der Sonne, die gerade hinter den Bergen verschwindet. Dieser Ort ist faszinierend schön...

Fiume Sarca in der untergehenden Sonne

Von Stenico aus fahren wir dann noch rasend schnell die 200 hm hinunter nach Ponte Arche. Lomaso ist jetzt nur noch 2 Kilometer entfernt. Aber weil uns in Ponte Arche ein Hotel nach dem anderen begrüßt und wir nicht wissen, was uns in Lomaso erwartet, heben wir uns die zwei Kilometer für morgen auf.

Sauna gibt es heute nicht, dafür aber wieder die obligatorische Pizza. Mein Italienisch wird auch besser: Due birre e uno tartufo nero. La dolce vita italiana!

Am heutigen Tag waren wir bisher am längsten unterwegs. Dafür haben wir gefühlt unsere Transalp jetzt hinter uns. Morgen kommt dann noch die kurze Triumph-Etappe, die wir nochmal in aller Ruhe genießen wollen. Das Wetter soll auch gut werden. Riva del Garda, wir kommen!


Sonntag, 12. September 2010

Alpencross 2010 - 4. Etappe : St. Pankraz - Malé: Die Asphalt-Alpinisten

Startzeit:9:19 Uhr
Ankunftszeit:17:15 Uhr
Fahrzeit:4 h 48 min
Distanz:63,8 km
Überwundene Höhe:1672 hm


Um acht gibt es Frühstück im Hotel "Zur Post" in St. Pankraz, so dass wir -nun schon traditionell- zwanzig Minuten nach neun starten. Das Wetter ist wieder ein Traum: tiefblauer Himmel, angenehm warm, herrliches Bergwetter.

Der Zoggler Stausee im oberen Ultental

Unsere Etappe führt uns heute wieder erstmal straff bergauf. Auf der Ultentalstraße geht von 800 m in St. Pankraz auf 1150 m zum Zoggler Stausee in St. Walburg. Nach dem Stausee geht es einen Forstweg hinauf zur Spitzenalm auf 1850 m. Mit kurzen Pausen alle 250 hm kommen wir gut voran, so dass wir halb eins ein üppiges Käseomelett auf der Alm verspeisen können.

Idylle auf der Spitzneralm
Auf der Alm genießen wir ein fantastisches Panorama auf das Etschtal. Ganz dort unten sind wir gestern noch gewesen, und heute sind wir 1500 m höher und 30 Kilometer näher am Gardasee. Ein netter Einheimischer, mit dem wir während unserer Pause ins Gespräch kommen, erzählt uns einiges über die Gengend. Vor allen Dingen kann er uns tatsächlich die Namen aller umliegenden Gipfel ansagen. Gemerkt haben wir sie uns leider nicht. Auch ein paar Wanderer aus Deutschland interessieren sich für das, was wir tun, und bekunden großen Respekt.

Blick ins 30 km entfernte Etschtal

Von der Spitzner-Alm führt ein Trail zur nächsten Station, der Gampenalm. Für etwas erfahrenere Mountainbiker bestimmt was Feines. Neben dem schmalen Weg geht es allerdings steil nach unten und wir befürchten, beim kleinsten Anfängerfehler in die Tiefe zu stürzen. Also sind wir hier mal wieder ein Stück zu Fuß unterwegs, fluchen vor uns hin, wenn die Pedale beim Schieben gegen die Waden schlagen oder wenn sich in einem Steilstück der Sattel im Rucksack verfängt. Zu fortgeschrittener Stunde wünschen wir uns heimlich unsere Mountainbike-Autobahn von gestern zurück.


Damit ging auch einiges an Zeit verloren. Auf der Gampenalm ist es schon halb drei und wir haben noch 40 km vor uns. Darunter sind auch einige, die mit 400 hm zum Brezner Joch hinaufgehen. Im Verlaufe des Tages macht sich auch mehr und mehr mein rechtes Knie bemerkbar, das anscheinend erste Verschleißerscheinungen aus den letzten Tagen aufweist. Auch bei Jens ist eine gewisse Erschöpfung nicht von der Hand zu weisen. Angesichts dieser Umstände und der fortgeschrittenen Zeit müssen wir das erste Mal befürchten, dass wir das Etappenziel in Malé nicht schaffen. Nochmal 400 hm bis zum Brezner Joch, was realistischerweise anderthalb bis zwei Stunden bedeutet, sind heute nicht mehr drin. Ein neuer Plan muss her.

Wir studieren nochmal intensiv unsere Karten und finden zum Glück auch einen Weg, auf dem wir den Pass umgehen können. Von der Gampenalm fahren wir auf einem Forstweg zur Straße hinunter und sind von da an für heute die Asphalt-Alpinisten. Auf der Straße Richtung Revo, Malé müssen wir noch einige schmerzhafte Höhenmeter kurbeln. Darunter zwanzig Minuten durch einen dunklen, maroden, elend langen Tunnel. Ziemlich unheimlich und beängstigend, wenn im Dunkeln italienische LKWs herandröhnen.

Als das überstanden ist, können wir nochmal die Beine baumeln lassen. Mit bis zu 70 Sachen heizen wir hinunter nach Revo und halten noch mal an, als sich uns ein fantastischer Ausblick auf das Val di Sole und den Lago di Santa Guistina bietet.

Traumhafte Landschaften...

Dank unserer Abkürzung sind wir inzwischen auch wieder zuversichtlich, dass wir wie geplant in Malé übernachten werden. Trotzdem sind die letzten 15 Kilometer nicht einfach. Es geht nochmal 200 m nach oben und auf der Staatsstraße nervt endloser Verkehr. Mir tut das Knie immernoch weh und Jens, der sonst eigentlich der Pacemaker ist, trampelt auch müde hinter mir her.

Nach 63 Kilometern kommen wir dann gegen 17.15 Uhr in Malé an. Die Begeisterung für die Stadt hält sich in Grenzen. Offenbar sind wir von der südtiroler Idylle doch etwas verwöhnt. Immerhin finden wir wieder ein Hotel mit Sauna -das Hotel Liberty- und nach einigem Suchen und Fragen eine Pizzeria, in der wir ein gutes Bier bekommen und gut satt werden.

Die Etappe heute ist für uns beide mit Abstand die schwerste gewesen, obwohl sie von Kilometer- und Höhenmeterumfang eher niedriger war. Anscheinend zeigen sich jetzt nach vier Tagen die Ermüdungserscheinungen. Nichtsdestotrotz wollen wir morgen unsere letzte "richtige" Etappe angehen. Und dann sind wir ja schon fast in Riva...


Samstag, 11. September 2010

Alpencross 2010 - 3. Etappe : Sterzing - St. Pankraz : Kettenzugmaschinen am Jaufenpass

Startzeit:9:22 Uhr
Ankunftszeit:17:24 Uhr
Fahrzeit:4 h 49 min
Distanz:73,3 km
Überwundene Höhe:1647 hm

Heute lassen wir uns mal eine halbe Stunde früher wecken. Denn: Zum Einen haben wir mal ein Hotel erwischt, in dem es schon ab halb acht Frühstück gibt, zum Anderen können wir jede zusätzliche Minute auf der vor uns liegenden Etappe gut gebrauchen.

Kleiner Zwischenfall vorm Start
Unsere halbe Stunde Zeitgewinn ist allerdings schnell wieder futsch. Als wir unsere Räder aus dem Abstellraum holen, wartet da nämlich der erste Plattfuß der Tour auf uns. So wie's aussieht habe ich mir gestern noch einen Nagel in den Reifen gefahren und über Nacht hat's dann allmählich "pfff..." gemacht. Also ist, bevor wir starten können, erstmal Reifen reparieren angesagt.

Auf die Minute 9.22 Uhr -witzigerweise wie jeden Tag bisher- machen wir uns auf den Weg. Das Wetter ist 'ne Wucht!
Tiefblauer Himmel, die Sonne lacht über Berge. Es ist zwar noch etwas kühl, aber heute wird es definitiv Sommer.

Vor dem, was uns heute erwartet, haben wir nach dem Blick auf das Höhenprofil großen Respekt. 1100 hm über 18 km am Stück hinauf zum Jaufenpass. Aus Sterzing heraus rollen wir uns ein und nach drei Kilometern geht es dann hinein in den Berg.

Zerren bis die Kette knarzt
Wider Erwarten kommen wir richtig gut vorwärts. Im Vergleich zu gestern fahren wir zwei Gänge höher, zerren wie die Männer an der Kette und fühlen uns wie Tour-de-France-Fahrer als wir mit 9-10 km/h die Passstraße "hinaufjagen". Die vergangenen zwei Tage haben offenbar unsere Körper gestählt: von Schulterschmerzen keine Spur, die Waden topfit. Von diesen Umständen, dazu vom strahlenden Sonnenschein und der wunderschönen Landschaft sind wir regelrecht euphorisiert. Bei 1900 m Höhe verschwinden die letzten Bäume am Straßenrand und die Sicht wird frei für ein sagenhaftes Panorama. Die letzten 250 hm zur Passhöhe sind trotz der Anstrengung zum Genießen: Was für eine Aussicht auf so ein wunderschönes Fleckchen Erde. Traumhaft! Jeder einzelne Tropfen Schweiß hat sich dafür gelohnt!

Die Jaufenpassstraße - 18 km, 1100 hm


Viel früher als erwartet, erreichen wir um halb eins den Jaufenpass in 2057 m Höhe, so dass wir in aller Ruhe ein paar Fotos schießen, ein Weilchen die Aussicht nach beiden Seiten genießen und uns ein wenig von den Anstrengungen erholen.

Für die Abfahrt gibt es zwei Alternativen: So wie hinauf auf der Straße oder einen Wanderweg, der als "flowiger Trail" beschrieben wird. Ich nehme mir die Zeit und folge dem Weg ein paar Meter zu Fuß. Er sieht fahrbar aus, ist aber auch ziemlich steil, was uns auch ein Wirt in der Edelweißhütte am Pass bestätigt. Wir beschließen, dass wir zu sehr Anfänger sind, um das Trail-Risiko einzugehen, verschieben das auf die nächste Tour und entscheiden uns für Speed-Asphalt.

Vor der Abfahrt ins Passeiertal

Und das ohne Reue! 20 km am Stück ins Tal zu schießen mit 50-60-70 Sachen, in den Haarnadeln glühen die Bremsscheiben, das ist herrlich! In der Abfahrt können wir locker mit Autos und Motorrädern mithalten. Mehr sogar: Zweimal unterbrechen wir unsere Abfahrt, weil wir einen 5er BMW und andere Hochleistungsgefährte einholen und nicht überholen können. Was für ein Spaß!

Nach der Abfahrt vom Jaufenpass sind wir im Passeier Tal. Hier ist es endgültig Sommer. Strahlender Sonnenschein, 25° C . Und so cruisen wir auf einem Radwanderweg einlang der Passer durchs idyllische Tal, in dem sich Apfelplantage an Apfelplantage reiht. Mitte September ist natürlich eine kritische Zeit, um durch Apfelplantagen zu fahren. Da sind die Äpfel nämlich alle reif. Ich gebe zu - wir haben welche gestohlen. Und die waren lecker!

Meran
Der Passeierweg geht stetig leicht bergab, so dass wir auch hier ordentlich metern könnern und ca. halb vier Meran erreichen. Wie in Sterzing gestern sind wir auch heute wieder begeistert von diesen wunderhübschen südtiroler Städtchen.

Nach Meran gibt's noch 'nen Leckerbissen zum Abschluss dieser Etappe. Wir müssen noch hinüber ins Ultental, das heißt von 350 auf 800 m Höhe. Nach inzwischen 65 Kilometern im Sattel geht das allerdings nicht mehr ganz so fluffig wie heute Morgen. Trotzdem haben wir unser Erfolgserlebnis: Mit unseren Mountainbikes, beladen mit 8-10 Kilo Beiwerk, saugen wir uns an zwei Rennradfahrer heran, fahren kurz im Windschatten mit und ziehen dann vorbei. Wow, da haben wir uns stark gefühlt!

Ein Stück nach oben müssen wir noch

Der Weg nach oben war trotzdem nochmal ganz schön hart. Man lauert immer, dass hinter der nächsten Kurve das Ziel auftaucht und jedesmal geht es noch 30-40-50 Meter höher. Das ist jedenfalls gutes Mentaltraining.

Gegen halb sechs sind wir dann endlich in St. Pankraz und haben auch ein schönes Hotel gefunden. Nach den etwas unpersönlichen Hotels in den etwas größeren Städten bisher ist das Hotel zur Post mit seinen Angestellten so wie ich Südtirol kenne: Nette, zuvorkommende, dankbare Menschen, die einem den Urlaub so angenehm wie möglich machen wollen. Das Hotel ist Spitze. Sauna, Swimming Pool, urigste Gemütlichkeit. Perfekt nach einem solchen anstrengenden Tag.

Später nach dem Abendessen (Pizza - was sonst?), einem gemütlichen Bier und einem netten Gespräch über solche und solche Gäste spendiert uns die Wirtin noch einen Ultner Zirmeler. Ein sehr wohlschmeckender Schnaps, der aus einer Art Tannenzapfen hergestellt und ausschließlich im Ultental gebrannt und verkauft wird.

Und so klingt ein weiterer Etappentag aus. Mehr als die Hälfte der Kilometer haben wir jetzt hinter uns. Riva kommt näher und es ist Sommer.